Wenige Gehminuten von der Ubahn-Station ‚Floridsdorf‘ entfernt erreiche ich einen Ort, an dem ich noch nie war: den Floridsdorfer Markt. Ich bin überrascht: Er ist größer als erwartet. Und er liegt interessant: An drei Seiten umrahmt ihn der Schlingerhof, ein riesiger Gemeindebau inklusive Uhrturm. Deshalb nennt man ihn auch ‚Schlingermarkt‘.
Facts & Figures
Ursprünglich befand sich der Markt am wenige Straßen weiter entfernten Floridsdorfer Spitz und wurde aus verkehrstechnischen Gründen an den heutigen Standort verlegt. Dort ist er seit 1926 und feiert diese Woche daher seinen 90en Geburtstag. 1946 musste er übrigens komplett wiedererrichtet werden.
Mein Besuch & die Begegnungen
Der Markt besteht einerseits aus für sich alleine da stehenden Häuschen mit Geschäften, andererseits gibt es auch eine überdachte Ladenzeile. Wenig Kunden sind am Markt. Und es ist offensichtlich: hier wurde schon lange nicht mehr modernisiert. Ich finde das aber durchaus spannend und charmant und der Marktbesuch gefällt mir von Anfang an. Wir sind zu zweit, werden neugierig beäugt und immer wieder angesprochen. Ein Standler preist uns beim Vorbeigehen erst seinen Schweinsbraten mit Semmelknödel und Kraut an. Nachdem ich mein Handy gezückt und ein paar Bilder rund um’s Lokal gemacht habe, bietet er uns gleich seinen ganzen Stand an. Er sei zum Verkauf, samt Lager und Kühlhaus. Wir lehnen lächelnd und dankend ab.
Eine Dame spricht uns an. Ihre Fleischwarenhandlung weiter unten bzw. halt der Stand, an dem sie seit kurzem arbeite, biete hervorragende Qualität. Der Chef schaue darauf, dass er Fleisch und Wurstwaren nur von Betrieben im Umland von Wien einkaufe, wo er die Besitzer kenne. Wir sollen doch bei ihr vorbeikommen, sie hätte zum Beispiel wunderbaren Leberkäse. Wir schlendern weiter und bestellen an ihrem Stand eine Leberkässemmel mit Senf und Pfefferoni, lassen sie uns teilen. Sehr gut! Habe ich (aus Vernunftgründen) schon ewig nicht mehr gegessen …
Wir erreichen einen Stand mit polnischen Lebensmitteln, ein Plakat mit Piroggen im Fenster. Ob ich Russisch spreche fragt mich die Verkäuferin. ‚Äh, nein, leider‘, wundere ich mich. Wieso nicht, werde ich gefragt. ‚Weil ich nicht jede Sprache dieser Erde lernen kann, so sehr mich das interessieren würde.‘ – Hier lacht uns nichts an und wir ziehen weiter.
Es ist Freitag Nachmittag, einer der letzten schönen Septembertage, ich bin barfuß in den Schlapfen. Wir strolchen am und um den ziemlich ausgestorbenen Markt herum. Irgendwie Endzeitstimmung. Ob es der heruntergekommene Markt selbst oder das Wissen ist, dass es der vorletzte schöne, warme Tag für die nächste Zeit ist, wissen wir nicht. Auf jeden Fall sind wir fasziniert: von kaputten Lüftungsöffnungen, Geschäftsnamen wie ‚Karpfenkönig‘ und ‚Schlingl‘, den Schriftzügen auf den Läden, den abgeranzten Fassaden und ausgefransten Markisen.
Am nächsten Vormittag besuche ich den Bauernmarkt. Ich will wissen, wie sich der riesige Platz beim Schlingerhof mit buntem Leben und mehr Leuten macht. Er ist gut gefüllt zu ca. 70 % schätze ich, ein paar Stände mehr kann er locker noch aufnehmen. Ich spreche mit einem Standler, der Obst, Wein und Säfte verkauft: Er verkaufe hier schon seit 35 Jahren seine Waren und käme aus der Kremser Gegend. In den letzten Jahren sähe man wieder mehr junge Leute hier.
Ich kaufe am Markt ein wenig Obst, Käse und Brot ein und ziehe wieder ab. Das Wort ‚bio‘ habe ich bei meinen beiden Besuchen weder gehört noch gelesen. Auch wurscht, es hat mir trotzdem alles geschmeckt!
Geplante Modernisierung & Belebung
Der Markt soll attraktiviert werden. Im Juni 2016 gab es eine Befragung der Marktstandler. Derzeit läuft eine Befragung der Kunden und Kundinnen nach ihren Wünschen und Ideen. Natürlich ist jetzt noch nichts von Änderungen zu bemerken. Der Veränderungsprozess wird sich über einige Jahre ziehen. Der Standler, der uns seinen Laden verkaufen wollte, glaubt wohl nicht so recht dran – oder will nicht so lange warten. Jedenfalls soll das entstehende Maßnahmenpaket den Markt wirtschaftlich stärken und als sozialen Treffpunkt im Grätzl verankern. Und angeblich wird auch nach Architekturideen für neue Stände gesucht. Wiener Wohnen saniert außerdem mehrere im Schlingerhof marktseitig gelegene Geschäftslokale. Dadurch soll die Attraktivierung des Floridsdorfer Marktes zusätzlich unterstützt werden.
Auch andere Bezirke haben schöne Märkte
Ich werde in Zukunft weitere Wiener Märkte vorstellen. Weil auch die anderen Märkte beschreibens- und besuchenswert sind – nicht nur der Vorgartenmarkt. Und mir machen Marktbesuche einfach zu viel Spaß. Jeder Markt ist anders – mancher nur ein bißchen, manch‘ einer sehr ;-) Begleitend dazu gibt es zu jedem Artikel zusätzliche Bilder auf Instagram. Ach ja, es lohnt sich auch auf Facebook vorbeizuschauen. Da gibt’s kürzere, aktuelle Meldungen. Also like mich auf Facebook und folge mir auf Instagram! Du machst mir damit eine Riesenfreude.
Lage & Anreise mit den Öffis
Erreichbar mit der U6 und S-Bahn (Station Floridsdorf), Straßenbahnen 30 + 31
Von U6/S-Bahn ‚Floridsdorf‘ in 5 Minuten zu Fuß erreichbar