Sie kennt viele Geschichten über’s Grätzl. Und sie engagiert sich seit Jahren für den Vorgartenmarkt – nicht nur beruflich, auch privat. Die Markt-Forscherin befragte Corona Gsteu, die an der Universität für angewandte Kunst studierte und seit 1994 bei der Gebietsbetreuung arbeitet, zu ihrer Motivation und Vision.

Was ist deine Motivation, dich für den Vorgartenmarkt einzusetzen?
Corona Gsteu: Ich wohne seit 1992 im Stuwerviertel. Der Markt ist mir damals gleich aufgefallen, nämlich als witzig, weil ein bisschen spröde und unbeholfen, aber auch teilweise unfreundlich. Es gab da eine Familie, die war nicht zum Aushalten: Sie hatte 2 Standln „besetzt“, war unfreundlich und neidisch. Wenn z. B. jemand einen Preis geändert hat, dann haben sie auch gleich den Preis gesenkt. Da gab es diese mieselsüchtige Stimmung und ich hab mir überlegt: „Wieso ist das so? Da will ja niemand einkaufen!“ Das war meine Motivation, etwas für eine Stimmungs-änderung zu machen. Ich wollte nämlich regelmäßig und gern zum Einkaufen herkommen.

Und seit wann engagierst du dich?
Corona Gsteu: Als ich 1994 bei der Gebietsbetreuung zu arbeiten begonnen habe, gehörte der Markt nicht in unser Aufgabengebiet. Das kam erst später. Ich habe trotzdem nachgedacht, was ich da als Künstlerin bzw. Gebietsbetreuerin tun kann. Es musste etwas sein, das ich kann und das nichts kostet, weil es ja kein Budget dafür gab.
Ich habe 1997 daher mit Kindern und Marktstandlern eine Malaktion gestartet. Ich hab eine Leinwand organisiert und Künstler dazu eingeladen. Ich hab mich mit dem Mikro hingestellt und die Standler aufgefordert, sich an der Malaktion zu beteiligen. Maria (Anmerkung: aus dem Café Maria) hat z. B. eine Kaffeetasse gemalt. Eine Obstandlerin hat einen Apfel gemalt usw. Es wurde ein schönes Bild, das immer noch in einem Durchgang in der Harkortstraße hängt!
Was war das Ziel dieser Malaktion?
Corona Gsteu: Die Aufgabe war die zukünftige Vision aller vom Markt darzustellen: Wie kann der Markt in Zukunft aussehen? Die Leute haben sich ausgelassen und Springbrunnen und Gründächer gezeichnet. Es war eine nette Atmosphäre. Man hat gemerkt, es tut sich was und da beginnt etwas. Dass man über diese kreative Aktivierung die Marktleute aus der Reserve lockt und zum Austausch anregt. Und dass man anderen auf diese Weise das Marktleben näher bringt.

Welche Aktivitäten gab es noch?
Corona Gsteu: Viele im Laufe der Jahre. Ich habe einige Aktionen mit Kindern durchgeführt, z. B. Singen und Taschen machen. Einmal habe ich eine Kindermal-Aktion organisiert, mit 100 Leinwänden, Acrylfarben, extra T-Shirts, damit sich alle unbesorgt dreckig machen können. Die Aufgabe war, den Lieblings-Marktstand zu zeichnen. Die Veranstaltung kam mit Fotos in die Bezirkszeitung und die Werke der Kinder wurden in den Standln ausgestellt.

Wir, also die GB*2/20, haben auch einiges mit Kindern organisiert: Rätselrallyes, Schatzsuche, „Marktschreierinnen-Wettbewerbe“ usw. Es waren immer kleine Aktionen, die aber doch was bewirkt haben. Die Kinder durften sich austoben und bekamen ihren Platz eingeräumt. Wenn man sich Raum nehmen darf, fängt man an, sich wohlzufühlen. Nur einkaufen und wieder gehen ist etwas anderes als dort etwas kosten, essen, tanzen, malen usw. Eine Befragung von Marktstandlern und Anrainerinnen hab ich auch gemacht. Die Ergebnisse wurden danach vorgestellt, diskutiert und Veränderungsvorschläge erarbeitet.

Hat sich etwas an der Atmosphäre verändert?
Corona Gsteu: Ganz langsam und in kleinen Schritten wurde die Gemeinschaft stärker und die Stimmung hat sich verändert. Ich wollte, dass sich die Standler besser kennen lernen und ich wollte wissen, was sie verändern möchten.
Was geschah dann?
Corona Gsteu: 2009 begann dann die Arbeit im Rahmen der „Agora Marktbiennale“, einer Initiative der Gebietsbetreuung und dem Verein „Stuwart“. Ich habe immer versucht, Ergänzendes für den Markt zu machen, weil parallel oder doppelt nichts bringt.
Wenn du dir etwas wünschen dürftest, wie würde der Markt aussehen und was würde da passieren?

Corona Gsteu: Es gäbe eine Photovoltaikanlage über den gesamten Markt. Die Standler bezögen Energie von der Anlage, könnten damit heizen, Warmwasser haben und würden im Winter nicht frieren. Es wäre ein toller, grüner Markt mit E-Tankstellen und Ladestellen in coolem Design. Mit Wasserwannen, wo man bei Hitze die Füße reinhalten kann, viel mehr Radständer – ein richtiges Vorzeigeprojekt für Wien. Es gäbe eine super tolle Community, die sich gegenseitig unterstützt – Kunden und Marktleute, Kraft und Einheit. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zum Supermarkt ist die Gemeinschaft eines Markts. Dass dort jeder seine Ideen verwirklichen kann. Dass jeder wirklich einen Platz bekommt, nicht nur um zu trinken und zu essen. Wir sind teilweise schon recht nah am Wunschszenario: Es wurde eine Machbarkeitsstudie für die Photovoltaikanlage gemacht und die Ergebnisse werden demnächst präsentiert!
Vielen Dank für das Gespräch!
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