Eine Pop-Up-Messe kommt ins Grätzl

Da tut sich was am Marktstand Nr. 37! Plötzlich kleben bunte Papierbögen mit Aufrufen zu verschiedenen Aktivitäten an den Scheiben, stehen Blumen und ein gemütliches Paletten-Sofa vor dem Laden – und eine Pop-Up-Messe ist angekündigt. Die Markt-Forscherin hat eine der Organisatorinnen interviewt.

Ihr residiert diesen Monat am Stand Nr. 37, der dem „Stuwart – Verein zur Förderung von Kunst und Kultur im Stuwerviertel“ gehört, und seid sehr aktiv. Was genau macht ihr hier?
Mirjam Mieschendahl: Wir bereiten hier einerseits die Pop-up-Messe vor, die am 19.06. als Teil des Marktfests stattfindet. Andererseits entwickeln wir eine Plattform für ganz Wien, auf Grätzlebene, die „imGrätzl“ heißt. Und ich bin in Kontakt mit der Gebietsbetreuung hier und habe schon öfter erzählt, dass wir einen Raum suchen und gerne mit den Leuten hier in Kontakt kommen möchten. Wir sitzen sonst alle immer verteilt in unseren Home Offices und jeder arbeitet in den virtuellen Welten. Dass es schöner wäre, wenn wir eine Plattform fürs Grätzl machen, dass wir wirklich auch mit den Menschen reden!

Mirjam Mieschendahl am Vorgartenmarkt
„Ich hab so eine Ahnung gehabt, dass es ganz viele Menschen gibt, die so wie ich im Home Office arbeiten und deshalb nicht sichtbar sind.“

Wer seid ihr?
Mirjam Mieschendahl: Wir sind 4 Arbeitskollegen bzw. mittlerweile Freunde, die zum Teil schon seit 14 Jahren zusammen arbeiten. Letzten Sommer haben wir einen Antrag für die Förderung unseres „Grätzl-Projekts“ zusammen eingereicht. Die Voraussetzung für den Erhalt dieser Förderung war, eine Firma zu gründen. Davor waren wir ein loses Netzwerk, jetzt sind wir die „morgenjungs GmbH„. Die Förderung haben wir innerhalb der Ausschreibung ‚innovative Dienstleistungen‘ von der Wirtschaftsagentur Wien bekommen. Für die derzeit im Aufbau befindliche Plattform „imGrätzl“ haben wir dazu auch noch beim Smart City Schwerpunkt punkten können und einen zusätzlichen Preis gewonnen.

Was wollt ihr in diesem Monat hier am Markt erreichen? Oder anders ausgedrückt: Was muss hier am Markt geschehen, dass ihr am Ende des Monats sagt, es war ein voller Erfolg?
Mirjam Mieschendahl: Das ist jetzt schon voller Erfolg! Ich möchte nicht mehr weg von hier, wir alle wollen nicht mehr weg! Mein Ziel war es, mit Leuten ins Gespräch und ins Plaudern zu kommen. Zu fragen, was gefällt euch im Stuwerviertel und was vermisst ihr etc. Einfach zu schauen, was die Menschen bewegt. Und zwar von alt bis jung, die ganze Bandbreite. Ich finde das herrlich. Wir hatten am Samstag die Buchtauschparty. Da kam eine 70 jährige Dame auf uns zu, und die hat uns erst mal beigebracht, wie wir das Ganze aufziehen müssen. Solche Sachen finde ich super. Über einen Online-Kontakt kriegst du das nicht so hin. Bei einem persönlichen Treffen sind jedoch alle 5 Sinne dabei und das macht es so wertvoll.

Wie geht ihr das an?
Mirjam Mieschendahl: Wir haben erst eine Woche bevor es losging erfahren, dass wir den Marktstand für Mai bekommen. Wir haben uns auch erst eine Woche davor beworben. Wir hatten daher nicht so lange Zeit, uns Gedanken zu machen. Es sind daher eher spontane Aktionen und wir freuen uns, wenn sie funktionieren.

Mirjam Mieschendahl am Vorgartenmarkt
„Bei persönlichen Treffen sind alle 5 Sinne dabei und das macht es so wertvoll.“

Grätzl gibt es viele. Wie seid ihr auf das Stuwerviertel bzw. den Vorgartenmarkt gekommen?
Mirjam Mieschendahl: Ich lebe im Stuwerviertel. Ich will gerne direkt da tätig werden, wo ich schon bin. Deshalb das Stuwerviertel und der Vorgartenmarkt. Der Markt, er rückt sich von selber immer mehr in unseren Mittelpunkt. Ich weiß auch nicht, wie er das macht. Weil am Anfang war ich nie am Markt. Das ist erst so im letzten Jahr schrittweise gekommen. Ich glaube, so einen Markt, wie wir ihn hier haben, gibt es nur mehr ganz selten. Man merkt, die Menschen kennen sich. Es ist persönlich, intim. Je länger ich es beobachte, desto mehr kommt er mir wie ein Grätzltreffpunkt vor. Hier trifft sich wirklich die Nachbarschaft. Über den Vorgartenmarkt stolperst nicht so leicht, wenn du nicht extra herkommst. Er zieht hauptsächlich die Bewohner an. Das ist bei anderen Märkten wie z. B. Naschmarkt oder Karmelitermarkt glaube ich nicht mehr so, die sind ein bisschen anonymer.

Wie finanziert ihr das hier bzw. erhaltet ihr einen Zuschuss von z. B. der Stadt Wien?
Mirjam Mieschendahl: Die Förderung, die wir bewilligt bekommen haben, macht ca. 50 % der Projektkosten von der imGrätzl Plattform aus, den Rest finanzieren wir aus unserer eigenen Tasche. Die Aktionen hier am Vorgartenmarkt sind ehrenamtlich, da gibt’s keine Förderung. Wir freuen uns, dass wir dank der Agora Marktbiennale den Raum nutzen dürfen. Dass wir hier sitzen dürfen ist die Förderung, wenn man so will. Die Pop-up Messe wird finanziell unterstützt von der Grätzloase, das betrifft zum Beispiel den Druck von Flyern und Anmietung von Mobiliar für die Aussteller. Wobei die Arbeitszeit natürlich auch hier wieder ehrenamtlich geleistet wird.

Mirjam Mieschendahl Pop-Up-Messe Wien Vorgartenmarkt Stuwerviertel
„Der Markt, er rückt sich von selber immer mehr in unseren Mittelpunkt. Ich weiß auch nicht, wie er das macht.“

Ihr habt bereits einige Aktivitäten hier am Markt gestartet, z. B. die „Büchertauschbörse“ oder das „Pfingst-Grätzel-Schnapsen“. Wie kommt es, dass dir Communities/Nachbarschaften ein Anliegen sind?
Mirjam Mieschendahl: Ich bin 18x umgezogen in meinem Leben. Ich weiß, was es bedeutet, einsam zu sein in Wien. Ich weiß, wie wichtig das ist, wenn man auf der Straße auch mal angelächelt oder angesprochen wird. Das müssen nicht tief greifende Gespräche sein. Aber wie schön das ist, wenn man das Gefühlt hat, man wohnt nicht nur, sondern man ist Teil dessen. Und das hab ich z. B. als ich 2004 das erste Mal in Wien angekommen bin schmerzlich vermisst. Und so alt ist auch die Idee. Ich hab von vielen Menschen gehört, dass es ihnen ähnlich geht und dass das ein Schmerzpunkt in ihrem Leben ist. Da hab ich mir gedacht, ok, ich hab ein paar Talente und ich hab ein paar Ausbildungen in der Richtung – warum setz ich das nicht mal ein, um da was zu machen?

Das Motto der Pop-Up-Messe ist „Entdecke Einzigartiges im Grätzl“. Wie kam es zur Idee?
Mirjam Mieschendahl: Ich hab gerade über das Stuwerviertel oft nicht nur positive Sachen gehört. Und das wurde auch mit den vielen leer stehenden Ladenlokalen argumentiert. Aber ich hab so eine Ahnung gehabt, dass es ganz viele Menschen gibt, die so wie ich im Home Office arbeiten und deshalb nicht sichtbar sind. Und da dachte ich mir, wenn es unser Thema ist, Menschen auf verschiedensten Ebenen zusammenbringen, dann müsste man zeigen, was im Grätzl alles Tolles gemacht, hergestellt, kreativ gearbeitet wird. Und da müsste man doch eigentlich diese Menschen, diese Wirtschaftstreibenden, mit den Bewohnern zusammen und in Kontakt bringen. Dann weiß man, dass das Grätzl eigentlich blüht. Da gibt’s ganz viele kreative Menschen und das sichtbar zu machen war die Idee hinter der Pop-Up-Messe.

Mirjam Mieschendahl Pop-Up-Messe Wien Vorgartenmarkt Stuwerviertel
„Es wird sehr kreativ und vielfältig werden.“

Was ist die Pop-Up-Messe?
Mirjam Mieschendahl: Die Pop-Up-Messe sind 30 Kreative und Wirtschaftstreibende aus dem Viertel, die ihr Können in Workshops zeigen. Ziel ist es, ein Miteinander hinzubekommen, dass man nicht nur vorbeigeht und Visitenkarten mitnimmt, sondern dass die Menschen wirklich miteinander ins Gespräch kommen. So dass man sich erinnert, „Ah, da gibt’s doch die tolle Illustratorin ums Eck!“, und ich muss nicht mehr lange suchen. Um das zu erreichen und damit ein echter Kontakt entsteht, gibt’s die Workshops.

Wer ist als Aussteller eingeladen?
Mirjam Mieschendahl: Am Anfang musste ich noch Aussteller suchen, aber dann wurde das zum Selbstläufer und die Leute kamen auf uns zu, auch aus den Nachbargrätzln, wie z. B. dem Nordbahnviertel. Es ging uns darum, eine Vielfalt aufzuzeigen. 30 Aussteller deshalb, weil es nur 2 Stunden dauert, von 18 bis 20 Uhr. Denn viele haben wirklich Jobs, eine Werkstatt oder einen Laden. Die können nicht den ganzen Tag zusperren. Außerdem, wie viel könnte man da noch verarbeiten und sehen, wenn es noch viel mehr Aussteller wären? Aber wenn da noch welche eintrudeln, wie z. B. zwei Musikerinnen aus dem Viertel, die uns heute angeschrieben haben, – sag ich auch nicht nein. Ich sehe das als weitere wertvolle Befruchtung.

Was soll am 19. Juni auf der Pop-Up-Messe geschehen?
Mirjam Mieschendahl: Es wird sehr kreativ und vielfältig werden. Auf der Messe wird man z. B. alte, selbst mitgebrachte T-Shirts mit Siebdruck künstlerisch verschönern können. Eine Shiatsu-Therapeutin macht mit und es wird Shiatsu-Proben geben. Ein Street-Art-Künstler, der seinen Namen nicht nennen möchte, wird mit dabei sein und ein Street-Art-Gemälde sprühen. Und wir haben z. B. auch jemanden da, der eine Firma für Softwareentwicklung hat und Apps baut. Uns geht es darum, eine Vielfalt aufzuzeigen.

Markt-Forscherin: Vielen Dank für das Gespräch & viel Erfolg!

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